Die wichtigsten Hypothekenarten im Überblick
Bei der Immobilienfinanzierung in Deutschland gibt es verschiedene Darlehensformen. Die Wahl der richtigen Hypothekenart ist entscheidend für Ihre finanzielle Belastung über viele Jahre.
1. Annuitätendarlehen: Der Klassiker (95% aller Hypotheken)
Was ist ein Annuitätendarlehen?
Das Annuitätendarlehen ist mit großem Abstand die beliebteste Hypothekenart in Deutschland. Sie zahlen über die gesamte Laufzeit eine konstante monatliche Rate(Annuität = lat. "jährlich").
Die Besonderheit: Die Rate bleibt gleich, aber ihre Zusammensetzung ändert sich:
- Am Anfang: Hoher Zinsanteil, niedriger Tilgungsanteil
- Im Verlauf: Zinsanteil sinkt, Tilgungsanteil steigt
- Am Ende: Fast nur noch Tilgung, kaum Zinsen
Beispiel-Rechnung
Darlehenssumme: 300.000 €
Zinssatz: 3,5% p.a.
Anfängliche Tilgung: 2% p.a.
Monatliche Rate: 1.375 €
Zusammensetzung erste Rate:
- Zinsen: 875 € (3,5% von 300.000 €)
- Tilgung: 500 € (2% von 300.000 €)
- Rate bleibt 25 Jahre lang gleich bei 1.375 €
Vorteile des Annuitätendarlehens
- Planungssicherheit: Konstante monatliche Belastung
- Einfach zu verstehen: Klare, transparente Struktur
- Zinssicherheit: Bei Zinsbindung (meist 10-20 Jahre)
- Automatische Entlastung: Restschuld sinkt kontinuierlich
- Steuervorteile: Bei vermieteten Immobilien absetzbar
Nachteile
- Langsame Anfangstilgung: In ersten Jahren wenig Schuldenabbau
- Zinsänderungsrisiko: Nach Zinsbindung neue Konditionen
- Vorfälligkeitsentschädigung: Bei vorzeitiger Rückzahlung
Für wen geeignet?
Perfekt für: Die meisten Hauskäufer. Besonders wenn Sie feste monatliche Belastung wünschen und langfristig (20-30 Jahre) planen.
Tipp: Höhere Anfangstilgung wählen
Statt 2% lieber 3% oder mehr Anfangstilgung. Das verkürzt die Laufzeit erheblich und spart Zehntausende Euro Zinsen. Nutzen Sie unseren Hypothekenrechner zum Vergleich.
2. Tilgungsdarlehen (Abzahlungsdarlehen)
Funktionsweise
Beim Tilgungsdarlehen zahlen Sie eine konstante Tilgungsrate plus Zinsen auf die Restschuld. Die monatliche Gesamtrate sinkt kontinuierlich, da die Zinsen auf die sinkende Restschuld berechnet werden.
Beispiel Tilgungsdarlehen:
Darlehenssumme: 300.000 €
Zinssatz: 3,5% p.a.
Monatliche Tilgung: 1.000 € (konstant)
- 1. Monat: 1.000 € Tilgung + 875 € Zinsen = 1.875 € Rate
- 6. Monat: 1.000 € Tilgung + 860 € Zinsen = 1.860 € Rate
- 100. Monat: 1.000 € Tilgung + 583 € Zinsen = 1.583 € Rate
Vorteile
- Schnellerer Schuldenabbau: Von Anfang an hohe Tilgung
- Geringere Gesamtzinsen: Durch schnelleren Abbau
- Sinkende Belastung: Rate wird mit der Zeit günstiger
- Einfache Berechnung: Transparente Struktur
Nachteile
- Hohe Anfangsbelastung: Erste Raten sehr hoch
- Schwierige Budgetplanung: Variable monatliche Rate
- Unüblich in Deutschland: Wenige Banken bieten dies an
Für wen geeignet?
Geeignet für: Gut verdienende mit hohem Startkapital oder steigendem Einkommen (z.B. junge Ärzte, Anwälte in Karriere). Wer schnell schuldenfrei sein will.
3. Variables Darlehen (mit Zinsanpassung)
Funktionsweise
Bei einem variablen Darlehen gibt es keine Zinsbindung. Der Zinssatz orientiert sich am aktuellen Marktzins (meist EURIBOR) und wird regelmäßig (quartalsweise) angepasst.
Vorteile
- Keine Vorfälligkeitsentschädigung: Jederzeit kündbar
- Flexibilität: Sondertilgungen unbegrenzt möglich
- Niedrigere Startzinsen: Meist 0,3-0,5% unter Festzins
- Profit bei sinkendem Zinsniveau: Automatische Anpassung
Nachteile
- Zinsrisiko: Bei steigenden Zinsen wird es teurer
- Keine Planungssicherheit: Monatliche Rate ändert sich
- Stressrisiko: Psychologische Belastung bei Zinsanstieg
Für wen geeignet?
Nur für: Kurzfristige Übergangsfinanzierungen, Spekulanten mit hoher Risikobereitschaft, oder wenn schnelle Rückzahlung geplant ist.
Nicht empfohlen für normale Häuslebauer!
4. Volltilgerdarlehen
Besonderheit
Ein Sonderfall des Annuitätendarlehens: Die Laufzeit und Tilgungsrate werden so gewählt, dass das Darlehen am Ende der Zinsbindung vollständig getilgt ist.
Beispiel:
300.000 € Darlehen, 15 Jahre Zinsbindung, Sie sind nach exakt 15 Jahren schuldenfrei. Die monatliche Rate ist entsprechend höher (ca. 2.300 € statt 1.375 €).
Vorteile
- Zinsvorteil: 0,1-0,3% niedrigere Zinsen als normales Annuitätendarlehen
- Absolute Planungssicherheit: Bis zur Schuldenfreiheit
- Kein Anschlussfinanzierungsrisiko: Kein zweiter Kreditvertrag nötig
- Schnellere Schuldenfreiheit: Ideal für Vorruhestand
Nachteile
- Sehr hohe monatliche Rate: Nicht für alle leistbar
- Wenig Flexibilität: Lange Bindung
- Opportunitätskosten: Geld könnte anders angelegt werden
Für wen geeignet?
Perfekt für: 50+ die vor Rente schuldenfrei sein wollen, hohe Einkommen mit Sicherheitsbedürfnis, Menschen ohne Kinder (höheres verfügbares Budget).
5. KfW-Darlehen (Förderdarlehen)
Was ist das?
Staatlich geförderte Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für energieeffiziente Neubauten oder Sanierungen.
Wichtigste Programme 2025
- KfW 297/298: Klimafreundlicher Neubau (bis 150.000 €)
- KfW 261: Wohngebäude-Kredit (Sanierung, bis 150.000 €)
- KfW 124: Wohneigentumsprogramm für Familien
Vorteile
- Zinsvorteil: 0,5-1,5% unter Marktzins
- Tilgungszuschuss: Bis zu 45.000 € Geschenk vom Staat
- Lange tilgungsfreie Anlaufzeit: Anfangs nur Zinsen zahlen
- Kombinierbar: Zusätzlich zu normalem Darlehen
Voraussetzungen
- Energieeffizienzstandards (KfW 40, KfW 55 etc.)
- Sachverständigen-Bescheinigung erforderlich
- Antrag vor Baubeginn / Kaufvertrag
Entscheidungshilfe: Welche Hypothekenart für Sie?
Szenario 1: Junges Paar, erstes Eigenheim
Empfehlung: Annuitätendarlehen + KfW
- Planbare monatliche Rate wichtig
- KfW-Förderung für Neubau nutzen
- 20 Jahre Zinsbindung für Sicherheit
- Mindestens 3% Anfangstilgung
Szenario 2: Gutverdiener, 45 Jahre alt
Empfehlung: Volltilgerdarlehen
- 15 Jahre Laufzeit = mit 60 schuldenfrei
- Höhere Rate ist leistbar
- Zinsvorteil mitnehmen
- Keine Anschlussfinanzierung nötig
Szenario 3: Investor, Kapitalanlage
Empfehlung: Variables Darlehen (kurzfristig)
- Geplanter Verkauf in 2-3 Jahren
- Flexibilität wichtiger als Sicherheit
- Kann Zinsrisiko tragen
- Jederzeit ohne Vorfälligkeitsentschädigung raus
Wichtige Faktoren bei der Wahl
1. Zinsbindung
Niedrige Zinsen (unter 3%): Lange Zinsbindung (15-20 Jahre)
Hohe Zinsen (über 4%): Kürzere Zinsbindung (5-10 Jahre), später neu verhandeln
2. Tilgungssatz
Minimum: 2% Anfangstilgung
Empfohlen: 3-4% Anfangstilgung
Ideal: So viel wie finanziell möglich
Jedes Prozent mehr Tilgung spart Jahre Laufzeit und Zehntausende Euro Zinsen!
3. Sondertilgungsrecht
Vereinbaren Sie mindestens 5% Sondertilgung pro Jahr kostenlos. Das gibt Flexibilität bei Bonuszahlungen, Erbschaften etc.
Häufige Fehler vermeiden
Fehler 1: Zu niedrige Tilgung
1% Tilgung bedeutet 50+ Jahre Laufzeit. Das ist zu lang! Minimum 2%, besser 3%+.
Fehler 2: Zu kurze Zinsbindung bei niedrigen Zinsen
Bei historisch niedrigen Zinsen (2023-2024 war das vorbei, aber: wenn es wieder kommt) unbedingt lange binden. Die 0,1% Aufschlag für 20 statt 10 Jahre lohnen sich.
Fehler 3: Eigenkapital vernachlässigen
Minimum 20% Eigenkapital senkt Zinsen erheblich. Unter 10% wird es sehr teuer.
Fehler 4: Förderungen nicht nutzen
KfW-Darlehen sind geschenktes Geld. Auch wenn Aufwand: Bis zu 45.000 € Zuschuss sind möglich!
Zusammenfassung
- 90% aller Fälle: Annuitätendarlehen ist die beste Wahl
- Mit 50+: Volltilgerdarlehen erwägen
- Immer prüfen: KfW-Förderung möglich?
- Sicherheit geht vor: Lieber längere Zinsbindung
- Mindestens 3% tilgen: Spart massiv Zinsen